Johnny
Die Jugendlichen, die in die Inobhutnahme von Outlaw kommen, haben viel erlebt. Vor allem Negatives. Bei Johnny finden sie einen sicheren Hafen, einen Ort der Ruhe und des Ankommens. Seinen Job macht der Sozialarbeiter aus voller Überzeugung und mit enormen Kampfgeist. Immer mit dem Ziel, das Bestmögliche für die Jugendlichen herauszuholen, Perspektiven zu eröffnen und Veränderung anzustoßen. Als Teamleitung trägt er viel Verantwortung – für die Jugendlichen, aber auch für die Mitarbeitenden.
Wusstest du als Jugendlicher, welche Richtung du beruflich einschlagen willst?
Also Astronaut wollte ich nie werden. Aber in die IT gehen. Ich hatte sehr viele Computerspiele gespielt und dachte, damit könnte ich dann bestimmt ITler werden. Dem ist nicht so. Dann habe ich den medizinischen Bereich für mich entdeckt und bin Altenpfleger geworden.
Aber dabei ist es nicht geblieben. Heute leitest du die Inobhutnahme bei Outlaw...
Stimmt. Ich bin von der Hauptschule in die Ausbildung zum Altenpfleger gegangen, habe dann mein Fachabitur gemacht und anschließend soziale Arbeit studiert. Jetzt bin ich hier in der Leitung tätig. Ich bin der absolute Working Class Hero.
Inobhutnahme, das heißt, zu euch kommen Jugendliche, die in ihren Kernfamilien aus verschiedenen Gründen nicht leben können?
Ja, genau. Wir geben hier eher kurzfristige Hilfen. Also Schutz in erster Linie und schauen dann, wie es weitergeht.
Eine schwierige Aufgabe, oder?
In den Leben unserer Kids sind Erwachsene oft die Arschlöcher. Das bekommen auch wir zu spüren, wir sind ja auch Erwachsene. Und wenn wir mal aus Sicht der Jugendlichen keine Arschlöcher sind, sondern eine gute Anlaufstelle bieten und mir das auch noch zurückgemeldet wird, dann freue ich mich wirklich. Erst kürzlich hatte ich so eine Erfahrung gemacht: Eine Jugendliche kam wiederkehrend und über einen längeren Zeitraum zu uns, war verschlossen wie eine Auster und auch sehr abwehrend. Irgendwann hatte ich dann ein bisschen den Zugang zu ihr gefunden. Zuletzt ist das Mädchen in eine andere Einrichtung umgezogen und hat dort in einem Gespräch sinngemäß gesagt: „Ich habe so viel Mist gemacht und bin abgehauen. Aber selbst wenn ich spät abends oder erst morgens zurückkam, war Johnny trotzdem immer total freundlich und nett zu mir“. Dass sie aus meinem Verhalten eine positive Erfahrung mitgenommen hat, war für mich ein total schönes Gefühl.
Da hat deine Arbeit wirklich was bewirkt.
Das ist für mich das allerwichtigste und beste in meinem Job: Dass ich da irgendwie zu komme, Menschen zu begleiten, Möglichkeiten sichtbar zu machen, Chancen zu ermöglichen und Chancengleichheit herzustellen.
Was macht die Arbeit in einer sozialen Organisation für dich so besonders?
Im sozialen Bereich fängt man sich gegenseitig so auf, wie ich das noch nirgendwo gesehen habe. Also wenn zum Beispiel mein Haustier gestorben ist, das mir total wichtig war und ich dafür einen Tag zu Hause bleiben darf, weil mein Teamleiter versteht, dass Trauer eben Trauer, und nicht an irgendetwas gekoppelt ist. Ich glaube, da brauche ich in der Kfz-Werkstatt gar nicht mit ankommen.
Man kann so sein, wie man ist?
Ja! Du kannst Tattoos haben, Sneaker tragen… Du musst keinen Anzug anhaben oder dich verkleiden. Das wäre auch total schädlich. Es ist ja so: Ich investiere mich als Menschen. Ich bin da und soll mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Wenn ich mich verstelle, funktioniert das nicht. Die finden das raus und dann werden sie mich dreimal damit zurückschlagen. Aber wenn ich ehrlich bin und auch emotional, dann wird das eine ganz andere Art und Weise von Zusammenleben.
Die emotionale Seite zeigen – damit tun sich Männer ja immer etwas schwer…
Wir Männer kämpfen sehr viel gegen uns selbst. Wenn wir diesen verrückten Männlichkeitsanspruch beiseitelegen und sich mehr Männer trauen würden, sich so zu verhalten, wie sie sich fühlen, wäre das eine tolle Entwicklung. Die soziale Arbeit kann das so toll darstellen, dass Männlichkeit die starke Schulter sein kann, aber auch der emotionale Part. Also zum Beispiel Gespräche zu führen, die Klienten vielleicht nicht mit einer weiblichen Kollegin führen können. Einfach weil sie als Jungen die Hoffnung haben, dass ein anderer Mann sie besser versteht. Oder ich als Mann einen anderen Erfahrungshorizont mitbringe. Das ist so wichtig, dass wir insgesamt eine große Diversität in der sozialen Arbeit herstellen, damit die Kids Rollenmodelle haben und einfach gute Vorbilder genießen können.